• Tiny-House – ein Trend mit Zukunft?: Junge Frau sitzt vor Tiny House
Wohnen

Tiny-House – ein Trend mit Zukunft?

15.07.2022 - Tiny-Häuser: Sind das nicht diese Häuser auf einem Anhänger, mit denen junge Amerikaner ihrem Freiheitsgefühl Ausdruck verleihen wollen? Eine gewagte Aussage, die nur die halbe Wahrheit trifft.

Lesedauer: 4 Minuten

Freiheit in den eigenen vier Wänden

Tiny House – Eine Alternative, wenn Bauen bald zum Luxus wird?

Wohnraum in Deutschland wird immer teurer. Die Bewerbungen für Bauplätze immer aufwendiger und die Wartezeiten immer länger. Von den Auflagen der Gemeinden und Städte ganz zu schweigen. Wer heute nicht Mitglied in vielen Vereinen oder sozial engagiert ist und als junge Familie nicht schon ein paar kleine Kinder hat, darf sowieso davon ausgehen, bei der Vergabe der Bauplätze nicht berücksichtigt zu werden. Zudem werden die Preise für Bauplätze immer teurer: 385€/m² in Tübingen, Baden-Württemberg, und 386€/m² in Lübeck am anderen Ende der Republik fallen durchschnittlich an.

Nicht nur die schwäbischen Häuslebauer, auch die Generation Y, sogenannte Millennials, nein alle die gerade den Traum vom selbst gebauten Eigenheim verfolgen, schauen ziemlich bedröppelt aus der Wäsche.

Doch nun schwappt aus den USA ein neuer Trend über den großen Teich zu uns nach Deutschland, das Tiny-House. Tiny-Häuser sind wie der Name schon sagt, winzige Häuser mit einer Fläche von ca. 15 bis 45 m². Tiny-Häuser gibt es in zwei Varianten, einmal fest im Boden verankert, aber auch mobil auf Rädern auf einem Anhänger.

Für wen sind Tiny-Häuser geeignet?

Natürlich wird jetzt sofort an den sparsamen Schwaben gedacht – ein Bett, eine kleine Küchenzeile und ein kleines Bad sollte das Volk aus dem Süden der Republik doch zufrieden stellen, oder?

Das trifft es natürlich nicht ganz. Doch wer den Minimalismus liebt, kann sich dieser Alternative zuwenden. Aber auch ältere Paare, die die Kinder längst aus dem Haus haben und sich nicht mehr vollumfänglich um die Immobilie kümmern möchten, können den Schritt ins Tiny-House wagen. Dasselbe gilt natürlich auch für junge Menschen, die dem Kinderwunsch noch nicht zugetan sind und weniger Platz benötigen.

Wer außerdem etwas fürs Klima tun will, sollte sich den Schritt ins Tiny-House ebenfalls überlegen. Die kleinen Häuser sind sehr effizient gebaut und verbrauchen nur wenige Ressourcen. Sparfüchse freuen sich über niedrige Kosten: Das Tiny-House verschlingt weder riesige Bausummen noch Unterhaltskosten.

Ein Tiny-House ist außerdem für jeden Campingliebhaber, jeden Menschen mit Freiheitsdrang oder begeisterte Heimwerker eine willkommene Alternative.

Was kostet ein Tiny-House?

Der Preis eines Tiny-Hauses hängt wie bei einem Mehrfamilienhaus von mehreren Faktoren ab. Die Größe der Wohnfläche oder des Anhängers sind genauso zu beachten, wie die Grundstückspreise bei fest verbauten Tiny-Häusern. Des Weiteren kann die Ausstattung den Preis in die Höhe treiben. Es gilt: je aufwendiger desto teurer. Durch Eigenleistungen können aber auch Kosten eingespart werden. Der Preisrahmen lässt sich somit nicht grundsätzlich festlegen.

Die Preise für Fertigbausätze beginnen bei ca. 15.000 €. Die kleinen Häuser gibt es aber auch als Fertigbau, die Kosten beginnen hier ab 20.000 €, die schlüsselfertige Variante beginnt ab 65.000 €.

Zusätzlich zu den reinen Baukosten können weitere Kosten anfallen, wie die Kosten für den Anhänger, Miete/Pacht für einen Stellplatz oder beim Grundstückskauf Nebenkosten wie Notarkosten und Grunderwerbssteuer, die sich allerdings nach der Größe des Grundstücks richten.

Junge Familie vor einem Tiny House
Tiny House: Für Menschen, die nicht viel Platz brauchen.

Probleme der Tiny-Häuser

Doch mit den Häusern auf Rädern kommen erste Probleme auf. So dürfen die Häuser nach Straßenverkehrsordnung maximal 2,55 Meter breit und 7 Meter lang sein. Zusätzlich dürfen 4 Meter Höhe und ein Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen (inklusive Anhänger) nicht überschritten werden.

Des Weiteren ergibt sich das gleiche Problem, das mit dem freien Campen in Deutschland einhergeht. Nicht überall darf das Haus auf seinem Anhänger abgestellt werden. Jede Stadt bzw. Gemeinde hat hier eigene Vorgaben.

Ein weiteres Problem stellt die Finanzierung und die Versicherung der kleinen Häuser auf Rädern dar. Da das Haus nicht fest im Boden verankert ist, kann laut Gesetz keine Grundschuld eingetragen werden, da es keine Sicherheit bietet. Aus dem gleichen Grund kann aus Sicht einer Versicherung auch keine Wohngebäudeversicherung angeboten werden. Allerdings ist zu beachten, dass dies nur für mobile Tiny-Häuser gilt.

Wer ein fest im Boden verankertes Tiny-House bauen möchte, steht trotzdem vor Herausforderungen. Für ein fest gebautes Haus gelten die Bestimmungen des deutschen Baugesetzbuches, die Landesbauordnung des jeweiligen Bundeslandes, der Flächennutzungsplan und gegebenenfalls auch ein Bebauungsplan und eine Ortsgestaltungssatzung. Bisher sind Tiny-Häuser als solche nicht darin vorgesehen. Am leichtesten bekommt man ein Tiny House wahrscheinlich in einem Sondergebiet oder in "Gebieten zur Entwicklung der Wohnnutzung" genehmigt, da es dort die geringsten Auflagen gibt. Zurzeit erschließt die Stadt Mühlacker ein entsprechendes Baugebiet. Hier soll ab 2023 die größte Tiny-House-Siedlung in Deutschland entstehen.

Bauplätze werden immer gefragter. Oftmals gibt es zwischen den Häusern in Wohngebieten unbebaute Flächen, die für normale Ein- oder Mehrfamilienhäuser zu klein sind. In manchen Städten und Gemeinden tut sich bereits etwas. Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen, lotete in der Vergangenheit bereits verschiedene Möglichkeiten aus, um dem Wohnungsmangel in seiner Stadt mit neuen Wohnmöglichkeiten zu begegnen. Die Möglichkeit, unbebaute Grünstellen mit Tiny-Häusern zu bebauen, scheint im Bereich des Möglichen.

Wenn sich weitere Städte und Gemeinden neuen Ideen öffnen und ihre Bauvorschriften anpassen, wird man auch in Deutschland immer mehr Besitzer von Tiny-Häusern sehen.

Der Autor: Benedikt Baier

Benedikt Baier arbeitet nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann seit Oktober 2021 als dualer BWL-Student bei der Württembergischen Versicherung und unterstützt in seinem aktuellen Praxissemester im Bereich Content.

Man braucht keine Villa mit zehn Schlafzimmern und acht Bädern. Viel mehr gilt: Less House is more Home.

Benedikt Baier Redakteur Württembergische Blog

Benedikt Baier

Redakteur württgemacht Blog

Das haben andere gelesen

Weitere Artikel zu diesem Thema